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Stichwort English Beschreibung
Bauliche Veränderungen (Wohnungseigentum) structural change (commonhold ownership) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte über das nach § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Die Zustimmung zu diesen Maßnahmen ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers keine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG erfahren.

Ob die Zustimmung zu baulichen Veränderungen erforderlich ist oder nicht, hängt also ausschließlich davon ab, ob einzelnen, mehreren oder allen Eigentümern durch die Maßnahme ein Nachteil entsteht, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.

Sind alle Wohnungseigentümer nachteilig im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG betroffen, ist auch die Zustimmung aller, und zwar aller im Grundbuch eingetragenen Eigentümer erforderlich. Ein finanzielles Ausgleichsangebot lässt einen Nachteil nicht entfallen und kann daher die erforderliche Zustimmung nicht ersetzen (BGH, Urteil vom 7.2.2014, Az. V ZR 25/13).

Gehört zu den betroffenen Wohnungseigentümern ein Ehepaar, bei dem beide Ehepartner Eigentümer sind, müssen beide zustimmen. Die Zustimmung nur eines Ehepartners ist nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. nicht ausreichend (Urteil vom 04.12.2013, Az. 2-13 S 82/12).

Verlangt ein einzelner Wohnungseigentümer die Zustimmung zu einer von ihm geplanten oder bereits durchgeführten baulichen Veränderung, bedarf es nach vorherrschender Meinung der förmlichen Zustimmung in der Wohnungseigentümerversammlung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7.2.2014, Az. V ZR 25/13, dort allerdings offen gelassen).

Da den Wohnungseigentümern zur Durchführung baulicher Veränderungen ausdrücklich die Beschlusskompetenz eingeräumt ist, ist gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG auch ein (Nur-) Mehrheitsbeschluss bei an sich erforderlicher Zustimmung durch alle Eigentümer wirksam, wenn er nicht innerhalb Monatsfrist angefochten und durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist.

Er erwächst in Bestandskraft und ist vom Verwalter durchzuführen mit der Folge, dass dann auch die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer die Durchführung der Maßnahme dulden müssen. Sie können keinen Anspruch auf Unterlassung oder Beseitigung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes geltend machen. Die durch die Durchführung der baulichen Veränderungen entstehenden Kosten sind auf die Wohnungseigentümer zu verteilen, die der baulichen Veränderung zugestimmt haben. Die Verteilung erfolgt im Verhältnis der für diese Eigentümer eingetragenen Miteigentumsanteile oder nach einem gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG vereinbarten oder einem nach § 16 Abs. 4 WEG abweichend beschlossenen Verteilungsschlüssel.

Die Wohnungseigentümer, die einer baulichen Veränderung nicht zugestimmt haben, sind gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG von den Kosten dieser Maßnahmen befreit, sofern nicht eine abschließende Kostenverteilung rechtswirksam beschlossen wurde.
Sie sind allerdings auch nicht berechtigt, anteilige Nutzungen aus der durchgeführten Maßnahme in Anspruch zu nehmen.

Ist allerdings ein Ausschluss dieser Eigentümer von der Nutzung oder dem Mitgebrauch der baulich veränderten Anlagen und Einrichtungen nicht möglich, haben die Eigentümer, die der Maßnahme zugestimmt und die Kosten getragen haben, nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung einen Ausgleichs- oder Herausgabeanspruch gegen die nicht zustimmenden und folglich kostenbefreiten Miteigentümer.
Um unnötige Streitigkeiten wegen der Kostenbefreiung bei baulichen Veränderungen zu vermeiden, sollte grundsätzlich eine namentliche Abstimmung erfolgen.

Nimmt ein einzelner Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen vor ohne die erforderliche Zustimmung der nachteilig betroffenen übrigen Wohnungseigentümer, kann jeder einzelne Miteigentümer im Rahmen seines Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG, ebenso aber auch die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund mehrheitlicher Beschlussfassung in der Versammlung die Beseitigung der ungenehmigten Maßnahmen verlangen. Der Anspruch verjährt allerdings gemäß § 195 BGB nach drei Jahren.

Zu den typischen baulichen Veränderungen, die grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen, gehören alle Maßnahmen, die zu einer baulich-optischen Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Anlage führen, so unter anderem Balkon- oder Loggiaverglasungen, Errichtung von Wintergärten, Gartenhäuschen, massiven Stein- bzw. Steinkorbmauern, Carports wie auch der Anbau zusätzlicher Garagen.

Das Anpflanzen stark wachsender Bäume auf einer Fläche, die – auch wenn an ihr ein Sondernutzungsrecht besteht – zum Gemeinschaftseigentum gehört, wird in der Regel als bauliche Veränderung angesehen. Dies gilt schon deshalb, weil durch große Bäume das Gesamtbild und der Charakter der Wohnanlage verändert werden. Bei Bäumen wird ein Rückbau- bzw. Beseitigungsanspruch hinsichtlich eigenmächtiger baulicher Veränderungen oft an der dreijährigen Verjährungsfrist scheitern. Diese beginnt mit der Kenntniserlangung bzw. der fahrlässigen Nichtkenntniserlangung des Beseitigungsanspruches. Wird dieser erst geltend gemacht, wenn die Bäume eine störende Größe erreicht haben, dürfte es zu spät sein. Zusätzlich ist zu beachten, dass kommunale Baumschutzsatzungen oft das Fällen von Bäumen einer bestimmten Größe bzw. eines bestimmten Stammumfanges bei Bußgeldandrohung untersagen.

Das Fällen von großen Bäumen, die auf dem Gemeinschaftseigentum stehen und den Charakter der Anlage prägen, gilt ebenfalls als bauliche Veränderung (LG Hamburg, Urteil vom 29.5.2013, Az. 318 S 5/13; ebenso LG Berlin, Urteil vom 2.2.2016, Az. 53 S 69/15). Soweit das Erscheinungsbild der Gesamtanlage betroffen ist, kann daher eine Zustimmung aller Eigentümer erforderlich sein.